Da sind sie wieder, die kleinen Aufreger im Alltag: Im Straßenverkehr geschnitten worden, an der Kasse die langsame Schlange erwischt und überhaupt haben heute alle denen ich begegne miese Laune.

Wie einfach ist es doch, sich darüber wunderbar aufzuregen. Nur was nutzt das, außer sich selbst die Laune zu verderben? Der Impuls Ärger zu verspüren ist sicher normal, die Reaktion darauf hinsichtlich ihrer Heftigkeit und der Dauer aber liegt in der eigenen Hand. Genau dies ist eines der Ziele an denen ich permanent versuche zu arbeiten. Der wichtigste Schritt ist es den Impuls zu erkennen, geistig einen Schritt zurück zu treten (in Gedanken bis zehn zu zählen ist vielleicht doch gar nicht so dumm) und dann zu bewerten ob sich die Aufregung überhaupt lohnt.

In den meisten Fällen liegt schon der Auslöser außerhalb der eigenen Kontrolle und spielt in fünf Minuten (oder zehn Sekunden) bereits keine Rolle mehr (auf der Autobahn geschnitten worden?). Ebenso ist der Einfluss auf das eigene Leben oft weder dauerhaft noch einschneidend.

Über eine Email aufgeregt? Tonfall unhöflich? Seit wann transportiert geschriebener Text die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen und Absichten? Eine der besten Maßnahmen die ich dabei für mich entwickelt habe: Eine Reaktion auf den nächsten Tag verschieben. Oder die Reaktion direkt aufschreiben und das Absenden auf den nächsten Tag verschieben. Häufig ist die Antwort nie abgesendet oder massiv überarbeitet worden.

Jeden Morgen wenn du aufwachst, sage dir: Alle mit denen ich heute zu tun habe sind Wichtigtuer, undankbar, arrogant, unehrlich, neidisch und ungerecht. All dies tun sie nur aus Unverständnis von Gut und Böse.

Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen, zweites Buch, 161-180 AD [^1]

Letztendlich ist das Ziel sich kürzer Aufzuregen. Noch besser ist es, sich gar nicht mehr aufzuregen, selbst wenn es berechtigt sein mag. Ärger und Wut helfen Niemandem und mit der passenden Erwartungshaltung lässt sich dem schon deutlich vorbeugen. Und im nächsten Schritt kann dann rationalisiert werden: Muss ich darauf reagieren oder kann ich es besser ignorieren? Warum macht der Andere dies (auf diese Weise)? Nicht emotional Abstumpfen, sondern für jede Situation die angemessene Reaktion generieren.

Ich wünsche mir einen mentalen Anzug aus teflonbeschichtetem Kevlar: Hieb- und schussfest und der Rest tropft einfach ab.

Am Ende baut sich der Lerneffekt sogar auf: Je mehr Reflexion über Ungerechtigkeiten und deren mögliche Ursachen umso weniger spontanen Ärger erzeugen sie. Der eigene Umgang mit den Situationen verbessert sich und damit auch in der Regel das Ergebnis.